Wie die Berner Zeitung berichtete, hat der Berner Stadtrat eine Motion mit 36 zu 22 Stimmen abgelehnt, die forderte, auf Aussenwerbung auf öffentlichem Grund zu verzichten.
Die Motion von Christa Ammann (AL) wollte, dass die Stadt Bern darauf verzichtet, den öffentlichen Grund (was nicht das Gleiche ist wie der öffentliche Raum) inklusive Bus- und Tramhaltestellen mit kommerziellen Plakaten zu bewirtschaften. Die Argumente sind in etwa dieselben, die die IG PRG seit Jahren vorbringt: negative Effekte für das Wohlbefinden der Bevölkerung, ein verschwindend kleiner Anteil an Einnahmen für die Stadtkasse (im Falle Berns 0,32 Prozent) und die Benachteiligung der KMU, weil sich vor allem nationale und internationale Konzerne und Grossunternehmen die Werbung überhaupt leisten können.
Das Argument der Gegner haben wir schon hundertfach gehört, sind aber der Meinung, dass es dadurch nicht stichhaltiger geworden ist: Man kann die Werbung ja einfach nicht beachten. Während man in einer Zeitung weiterblättern oder im Internet einen Adblocker installieren kann, ist es im öffentlichen Raum jedoch nicht möglich, einfach wegzuzappen. Die Plakate sind da – und sie sind da, um gesehen zu werden. Gerade die Schweizer Bahnhöfe sind gute Beispiele dafür, wie sehr es unmöglich geworden ist, sich den Werbebotschaften zu entziehen.
Dennoch hat sich weit über ein Drittel der Mitglieder des Stadtrats für einen Verzicht auf Werbung auf öffentlichem Grund ausgesprochen. Wäre ihnen die Mehrheit gefolgt, hätte das Berner Stadtbild noch attraktiver und pluralistischer werden können. In ganz Europa, wenn nicht weltweit, hätten die Medien darüber berichtet, wie es etwa bei São Paulo oder Grenoble der Fall gewesen war. Diese Medienberichterstattung wäre kostenlose und glaubwürdige Werbung für die Bundesstadt und bedeutend mehr als 3,4 Millionen Franken wert gewesen, die die Stadt jährlich mit Aussenwerbung einnimmt. Selbstverständlich wäre die Aussenwerbung damit noch nicht aus dem Stadtbild verschwunden, denn die Motion betraf lediglich den öffentlichen Grund und nicht auch den vom öffentlichen Grund aus einsehbaren Privatgrund.
Eine verpasste Chance, aber gleichzeitig ist die Hoffnung nicht aufgegeben, dass andere Stadtparlamente diesen wichtigen Schritt für mehr Demokratie, Attraktivität und Selbstbestimmung in Angriff nehmen werden.
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