Der Klimastreik Zürich, die Schweizerische Energie-Stiftung und die IG Plakat | Raum | Gesellschaft fordern den Zürcher Stadtrat auf, keine weiteren Werbebildschirme zu bewilligen und die bestehenden Verträge aufzulösen oder nicht zu erneuern. Damit kann Zürich einen glaubwürdigen Beitrag zu einer zukunftsgerichteten Energiepolitik leisten.
Zürich, 20. Juni 2022
Am 15. Mai hat sich die Stimmbevölkerung klar für das Klimaziel Netto Null ausgesprochen. Drei Tage später erreicht uns die Mitteilung der UNO, dass vier entscheidende Gradmesser des Klimawandels erneut Rekordwerte erreicht haben. Derweil herrscht Krieg in der Ukraine, der massgeblich durch den europäischen Energiebedarf finanziert wird.
Die Stadt Zürich hat sich schon lange zum Ziel der 2000-Watt-Gesellschaft bekannt. Gleichwohl wurden 2015 mit der Einführung von energieintensiven Werbebildschirmen im öffentlichen Raum ein Tabu gebrochen. Eine von der Stadt zusammen mit der Plakatgesellschaft Clear Channel 2017 in Auftrag gegebene Energiebilanz hält unmissverständlich fest: „Die zusätzliche Installation von digitalen Werbeträgern oder der Ersatz eines Plakat-Scrollers mit einem LCD-Werbescreen erhöhen sowohl den Energiebedarf als auch die Treibhausgasemissionen und sind somit gegenläufig zu den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft.“
Dennoch wurde in Zürich die Anzahl Werbebildschirme kontinuierlich ausgebaut, sowohl auf öffentlichem wie auf privatem Grund. In den nächsten drei Jahren wird sie durch die Installation von 257 Bildschirmen an VBZ-Haltestellen vervierfacht (Tagblatt der Stadt Zürich, 4. Mai 2022, Seite 4). Rund 95% des Energieverbrauchs, der durch die aufwändige Umrüstung der Haltestellen auf LED-Beleuchtung eingespart wird, wird durch die Installation der Bildschirme umgehend zunichte gemacht (Berechnung auf Basis der Energiebilanz und einer VBZ-Pressemitteilung). Während eine gross angelegte Werbekampagne des EWZ versucht, der Bevölkerung Solarpanele quadratmeterweise zu verkaufen, verbrauchen die aktuellen und geplanten Werbebildschirme auf öffentlichem Grund so viel Strom wie knapp 20 000 Quadratmeter Solarpanele, was der Hälfte aller Solarpanele entspricht, die das EWZ in der Stadt Zürich ausweist. (Gemäss Auskunft der EWZ generiert ein Quadratmeter Solarpanel 80 kWh).
Auch in der aktuellen Ausschreibung von Werbeflächen auf Stadtgrund sind neue Bildschirme eingeplant.
Dabei belegt weder die 2013 von Demoscope im Auftrag der Stadt durchgeführte Strassenumfrage (als es noch kaum Werbebildschirme gab) („Evaluation der Akzeptanz bezüglich neuer Bekanntheit und Beliebtheit neuer Aussenwerbungsformen auf öffentlichem Grund.“ Oktober 2013) noch eine Befragung des Branchenverbands Aussenwerbung Schweiz aus dem Januar dieses Jahres, dass die digitale Werbung im öffentlichen Raum bei der Bevölkerung beliebt ist.
Die Unterzeichnenden meinen, dass eine Erweiterung der digitalen Werbeflächen unnötig Energie frisst und für eine progressiv denkende und handelnde Stadt die falschen Zeichen setzt. Durch die Zurschaustellung von Konsum auf Werbeträgern, die gegenläufig zur 2000-Watt-Gesellschaft oder dem Netto-Null-Ziel sind, untergräbt die Stadt ihre Glaubwürdigkeit und macht die Anstrengungen des EWZ und der Bürgerinnen und Bürger zunichte.
Ein Grossteil des Schadens ist bereits angerichtet. Die Vervierfachung der Werbeflächen und die Zunichtemachung der Energieeinsparungen durch die LED-Beleuchtung der VBZ-Haltestellen läuft bereits. Wir fordern den Stadtrat deshalb auf, die Lose 11–14 der aktuellen Ausschreibung (Werbebildschirme und Leuchtdrehsäulen) mit sofortiger Wirkung zurückzuziehen und keine weiteren Werbebildschirme und Leuchtdrehsäulen zu bewilligen, weder auf Privatgrund noch auf öffentlichem Grund. Die laufenden Verträge mit dem Plakatgesellschaften sollen schnellstmöglich gekündigt und auf keinen Fall erneuert werden.
Mit freundlichen Grüssen
IG Plakat | Raum | Gesellschaft, Christian Hänggi
Klimastreik Zürich
Schweizerische Energie-Stiftung, Felix Nipkow