Anlässlich der Abstimmung über das Postulat 2022/352 hat die IG Plakat | Raum | Gesellschaft eine Stromsparkampagne auf ausgewählten Werbebildschirmen lanciert. Derweil untersagt der Stadtrat die satirische Titelseite der Broschüre mit Zahlen und Fakten zu Aussenwerbung in Zürich.
Das Postulat 2022/352, das am 1. März im Gemeinderat zur Abstimmung kommt [Nachtrag: es wurde erneut verschoben, diesmal auf den 22. März], will den Stadtrat beauftragen, den Abbau der Werbebildschirme und Leuchtdrehsäulen zu prüfen. Da keine saubere Datengrundlage für diesen folgenschweren Entscheid vorhanden war und der Stadtrat sich auch nicht darum bemühte, hat die IG Plakat | Raum | Gesellschaft eine an den Gemeinderat gerichtete Broschüre mit Zahlen und Fakten publiziert.
Darüber hinaus hat die IG PRG entschieden, eine kleine Kampagne auf ausgewählten Werbebildschirmen auszustrahlen, denn bei der Einführung der Werbescreens wurde Flexibilität und zielgruppengerechte Ansprache versprochen. Doch das gestaltete sich alles andere als einfach.
Was die IG PRG wollte, war sieben Bildschirme rund um die Bullingerkirche, wo der Gemeinderat tagt, und zwar am 1. März von 15 Uhr bis Betriebsschluss. Bis die Kampagne gebucht und abgesegnet war, brauchte es rund 50 E-Mails. Erschwerend kam hinzu, dass die VBZ politische Werbung auf den Bildschirmen verbietet, ungeachtet eines Bundesgerichtsentscheids, das der SBB politische Zensur untersagte. Also musste die Botschaft derart formuliert werden, dass sie nicht der Zensur durch das Amt für Städtebau zum Opfer fällt. Herausgekommen ist eine Kampagne, die für die IG PRG wirbt und Bezug auf die zentrale Zahl der Broschüre nimmt: 8,6 Mio. kWh Strom, der mit dem Abschalten der Werbebildschirme eingespart werden könnte. Gestaltet hat sie Mathis Füssler. Er hat den ikonischen Stromschlag-Blitz vor einen blauen Hintergrund gesetzt, um an die Limmatstadt und deren Verkehrsbetriebe zu erinnern.
Stadtrat droht mit rechtlichen Schritten
Die Tatsache, dass Zürich im letzten Jahr 250 neue Bildschirme erhalten hat, geht auf das Konto der beiden Stadträte André Odermatt (Hochbaudepartement) und Michael Baumer (Departement der Industriellen Betriebe). Und die verstehen weder Spass noch Argumente, wenn es um Aussenwerbung geht. Im November 2022 haben sich die beiden vor dem Gemeinderat mit Vehemenz gegen einen Ausbaustopp in der Aussenwerbung gewehrt. Vergeblich. Ausser dem Geld, das die Stadt daran verdient (und das einfach den Konsumentinnen und Konsumenten abgeknöpft wird), hatten sie an Argumenten nichts zu bieten.
Nun verbietet der Stadtrat die ironische Titelseite der Broschüre mit Zahlen und Fakten. Diese nimmt die augenzwinkernde, aber wenig beachtete Stromsparkampagne der Stadt Zürich aufs Korn. Aus Sicht der IG PRG liegt dies im Bereich der politischen Satire und die IG PRG wird als Absender ausgewiesen. Dennoch meint der Stadtrat, es bestehe Verwechslungsgefahr mit der Stadt Zürich als Absender. Die IG PRG wurde deshalb per E-Mail von der Kommunikationsleiterin des Stadtrats mit Verweis auf das Wappenschutzgesetz und Urheber- und Nutzungsrechte abgemahnt. Sollte das Kommunikationsmittel nicht innert zehn Tagen angepasst werden, droht der Stadtrat mit rechtlichen Schritten.
Wir werden prüfen, ob wir diesem Anliegen nachkommen müssen und wollen.
Der Stein des Anstosses: Die Stromsparkampagne der Stadt Zürich ironisiert und in Relation gesetzt.