Erst verheimlicht, dann auf Druck veröffentlicht: Neue Energie- und Treibhausbilanz weist Fehler auf und bringt keine neuen Erkenntnisse

Die 2019 versprochene, dann wieder vergessene neue Energiebilanz wurde fast ein Jahr lang geheimgehalten, bis die IG PRG sie sich mittels Öffentlichkeitsgesetz erstritten hat. Nun zeigt sich: Keine einzige der Lücken der früheren Energiebilanz von 2017 wurden geschlossen, dafür hat sie einige grobe Fehler.

2017 hat die Stadt Zürich eine Ökobilanz zu den Werbescreens erstellt. Diese zeigte ungefähr auf, wie viel Energie die Bildschirme fressen, war aber mit vielen Schätzungen, Projektionen und Unsicherheiten belegt. Für die Ermittlung der Grauenergie beispielsweise wurden die Bildschirme vom Gewicht eines 17-Zoll-Monitor hochgerechnet. Oder es wurde mit vom Hersteller erhofften zukünftigen Effizienzsteigerungen gerechnet. Obwohl die Werbeindustrie bei der Begleitgruppe überrepräsentiert war, hielt die Ökobilanz fest, dass Werbebildschirme «sowohl den Energiebedarf als auch die Treibhausgasemissionen» erhöhen und «somit gegenläufig zu den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft» sind. Das hat das Hochbaudepartement freilich nicht daran gehindert, die Werbescreens massiv auszubauen.

Vergessen, verschweigen, vertuschen

Um Kritik abzuwimmeln, wurde bereits 2019 eine neue Ökobilanz in Aussicht gestellt. Dieses Versprechen wurde aber wieder vergessen, bevor das Hochbaudepartement 257 neue Werbebildschirme bewilligt hat. Die Ökobilanz wurde erst wieder aufgenommen, als die IG PRG Anfang 2023 die falschen Annahmen zum Energieverbrauch öffentlich gemacht hat. Eine neue Energiebilanz wurde schliesslich aufs erste Quartal 2024 versprochen. Das wurde dann stillschweigend auf vor Herbstferien 2024 verschoben. Dann weigerte sich das Hochbaudepartement aufgrund der hängigen Aufsichtsbeschwerde, die Ökobilanz herauszurücken. Erst als die IG PRG, gestützt auf das Informations- und Datenschutzgesetz, die Herausgabe erzwang, erhielt sie die neue Ökobilanz am 26. November 2024. Und da zeigte sich, dass sie auf den 15. Januar 2024 datiert war, obwohl das Hochbaudepartement stets behauptete, sie sei noch nicht fertig!

Bei Erscheinen veraltet

Im November 2024 war die Ökobilanz bereits nichts mehr wert, weil die Firma Goldbach Neo OOH bereits sämtliche Werbescreens ersetzt hatte – Jahre vor Ablauf ihrer Lebensdauer (mehr dazu in der Aufsichtsbeschwerde). Damit waren sämtliche Annahmen zur Treibhausgasen der alten und der neuen Ökobilanz, sämtliche Beteuerungen und Versprechen des Stadtrats puff! in Luft aufgelöst. Das Hochbaudepartement hatte erst von diesem Komplettersatz der Hardware erfahren, als die IG PRG es darauf aufmerksam gemacht hat.

Keine Lücken geschlossen und grobe Fehler

Leider ist diese neue Ökobilanz nicht nur wegen den neuen Bildschirmen Makulatur, sondern auch für sich gesehen nichts wert. Erstens wurde keine einzige wesentliche Lücke der Bilanz von 2017 geschlossen, obwohl dazu sieben Jahre Zeit gewesen wären. Beispielsweise hat auch die neue Ökobilanz keine Herstellerangaben zur Grauenergie und rechnet deshalb einen 17-Zoll-Monitor hoch. Auch wurden wieder nur vereinzelte Bildschirme während ein paar Monaten gemessen. Und zweitens hat sie einige grobe Fehler, die peinlicherweise auch in der elfmonatigen Prüfung beim Hochbaudepartement nicht augefallen sind. Einmal rechnet sie mit dem wöchentlichen Ersatz von F200-Plakaten (also 52x pro Jahr), ein andermal mit einem Wechsel alle 14 Tage (also 26x pro Jahr) und ein andermal mit 40 Plakaten pro Jahr (also 40x pro Jahr).

Es zeigt sich einmal mehr: Im Thema Aussenwerbung reiht sich seit Jahren Fehlinformationen an Vertuschung, Unfähigkeit an Nachlässigkeit. Mal um Mal versagt das Hochbaudepartement komplett bzw. handelt ausschliesslich so, wie es die Werbeindustrie gerne hätte – mit hässlichen Folgen für das Stadtbild und unökologischen für das Klima. Zeit, dass Stadtrat André Odermatt abtritt.